M. Matous

Studie des Jahres 1990

 

Weiß am Zug hält Remis

 

In der abgebildeten Aufgabe des tschechischen Studienkomponisten Mario Matous (1947-2013), ein häufiger Gast in dieser Rubrik, muss sich Weiß ganz schön anstrengen, das Remis zu erreichen. Zunächst hängen Springer und Turm, wobei klar ist, dass der Springer ziehen muss, da nach z.B. 1.Tb1? fxe2-+ der Bauer einzieht und Schwarz mit S+L übrig bleibt (und damit natürlich gewinnt).

 

Der richtige Zug zu Beginn lautet 1.Sd4!

 

Werfen wir einen Blick auf die Alternativen:

 

a) 1.Sc3? f2! 2.Tb1 (Weiß kann kein Schach geben, das wird ihm zum Verhängnis) 2...Kh3! mit baldigem Matt. (oder auch 2...Se1-+)

 

b) 1.Sg1? Sf2+! (oder auch 1...f2-+) 2.Kh2 Sg4+ 3.Kh1 f2! 4.Sf3+ Kg3-+ (z.B. 5.Tb1 Lc6!)

 

 

1...f2 2.Tb1!

 

 

Nicht 2.Tf5? Lxf5 3.Sxf5+ Kh3 4.Sg3!? (eine nette Idee, aber leider ungenügend) 4...Sf4! (4...Kxg3?? Patt) 5.Sf1 Se2 (oder 5...Sh5 mit Matt im nächsten). Ebenfalls nutzlos ist 2.Sf3+? Kg3-+.

 

2...Se1

 

2...Lc6+? reicht nicht: 3.Kh2 Se1 4.Txe1!! (oder auch 4.Sf5+ Kg4 5.Se3=) 4...fxe1=D 5.Sf3+! Lxf3 Patt!

 

3.Sf3+! Kh3

 

3...Kg3 4.Txe1! (natürlich nicht 4.Sxe1?? f1=D#) 4...Lc6 5.Tg1+!

 

5...Kh3

 

(s. kleines Diagramm rechts)

 

Nach 5...Kxf3 6.Kh2 ist die Mattgefahr auch gebannt und der f-Bauer entschärft, Weiß hält Remis.

 

6.Tg3+!!

 

Was für eine tolle Pattidee, Schwarz muss nehmen, weil sonst 7.Kg2 folgt.

 

4.Txe1

 

4...Lc6

 

(s. großes Diagramm links)

 

5.Te4!!

 

Und diesmal das Pattmotiv entlang der Diagonalen. Nach jedem anderen Zug würde 5...Lxf3# bzw. 5...f1=D# folgen.

 

Das Ungewöhnliche an dem Textzug ist freilich, dass nun f1=D+ trotzdem geht, aber mit dem feinen Unterschied, dass der Springer entfesselt ist und damit dazwischenziehen kann. Und das wirklich Geniale an dieser Komposition wird sich im gleichen Atemzuge offenbaren, nämlich dass Schwarz nicht anders kann, als in ein anderes Patt einzumünden!

 

5...f1=D+

 

5...Lxe4?=;

5...Kg3 6.Tg4+!! (noch ein verblüffendes Turmopfer!) 6...Kxf3 7.Tg1!= und Weiß hat rechtzeitig den f-Bauern gehalten und ist der Mattgefahr entgangen (h2 ist zugänglich).

 

6.Sg1+!! Es mag etwas seltsam anmuten, den einzig möglichen Zug mit einem doppelten Ausrufungszeichen zu versehen, doch gilt dies nicht so sehr dem Zug an sich, sondern mehr der dahinter steckenden Idee: Weiß wehrt das Schachgebot mit einem Gegenschach ab und zwingt den Gegner so in eine erneute Pattvariante!

 

6...Kg3

 

(s. großes Diagramm links)

 

(einziger Zug, abgesehen von 6...Dxg1+ 7.Kxg1=).

 

Patt! Selbst in der Schlussstellung noch ein neues Motiv: Diesmal sind beide verbliebenen Figuren von Weiß gefesselt!

 

Die Studie erhielt gewiss nicht zu Unrecht den Titel "Studie des Jahres 1990". Da kann man nur beifallartig "Bravo!" rufen - und staunen.