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Trainingswoche mit GM Boris Avrukh

 

Eine nahezu einmalige Chance bot sich letzte Woche im Buocher Seminarzentrum einer Handvoll ambitionierter junger Spieler: Der israelische GM Boris Avrukh (aktuelle Elo: 2668) leitete im idyllischen Buoch nahe Stuttgart vom 19.-25. September einen Lehrgang zum Thema „1.d4 – A Grandmaster Repertoire“.

 

Am Wochenende stand zunächst ein Training für Spieler bis ca. Elo 2200 auf dem Programm, das auch unser Jungtalent Jakob Schuhmacher wahrgenommen hatte und das mit ca. 20 Teilnehmnern auf recht gute Resonanz stieß. Von Montag bis FreitaGruppenfoto Lehrgang Avrukg fand dann der eigentliche Lehrgang für Spieler ab etwa FM-Niveau statt, doch scheinbar wegen des ungünstigen Termins unter der Woche war hier die Gruppenzahl nur knapp halb so groß, was immerhin ein persönlicheres Umfeld ermöglichte.

  

Avrukh, ein renommierter Eröffnungs-theoretiker und d4-Spezialist, gab uns über Laptop und Beamer arbeitend tiefe Einblicke in sein scheinbar allumfassendes Eröffnungswissen: nicht selten präsentierte der ehemalige Sekundant von Weltmeister Wladimir Kramnik und Teimur Radjabov (aktuelle Nr.7) auch noch im 30.Zug oder später Neuerungen.

 

Sehr interessant war dabei zu sehen, dass die Vorbereitungen der Topspieler mittlerweile bis tief ins Endspiel reichen.

 

Erklärtes Ziel des Olympiazweiten von Dresden 2008 ist es, mit Weiß immer um einen Eröffnungsvorteil zu kämpfen, indem er sich auf die theoretischen Diskussionen in den Hauptvarianten einlässt. Untersucht hatten wir letztlich die wichtigsten Abspiele im Königs-/Grünfeldindisch, Katalanisch, Slawisch, Holländisch, Damenenindisch und Benoni.

Wie tief Avrukhs Analysen reichen, sieht man daran, dass wir schon allein für die schwer zu knackende slawische Verteidigung gut drei Tage benötigten und eigentlich immer noch nicht ganz fertig waren.

 

Mit dem Erscheinen seines Bestsellers „1.d4 – Volume One“ unternimmt der ehemalige Junioren-Weltmeister den ehrgeizigen Versuch, ein komplettes Eröffnungsrepertoire für Weiß auf GM-Niveau aufzubauen. Daran knüpft auch sein Lehrgang an, doch spulte er hier nicht nur einfach Varianten aus seinem Buch herunter. Vielmehr diskutierte Boris mit uns Kursteilnehmern (darunter auch die aus Hockenheim und Neuhausen stammenden GMs Rainer Buhmann und Sebastian Bogner) kritische Neuerungen, erläuterte Pläne und ermutigte uns, nach neuen Ideen zu suchen, die er dann gerne aufnahm. Zudem sahen wir weiteres exklusives Material , wie z.B. Updates zu seinen Varianten „from the book“ – so nennt er ganz schlicht den ersten Teil seines Mammutwerkes.

 

Nach getaner Arbeit ist der sympathische und bodenständige 31-Jährige ein angenehmer Gesprächspartner und weiß viel zu erzählen über die Eigenarten und Trainingsmethoden der Spitzenspieler, Anekdoten von wild gewordenen Affen in Gibraltar und Betrügereien bei internationalen Turnieren. Gespannt verfolgten wir – Boris kommentierte - das Schnellschachmatch Kasparow-Karpow oder forderten ihn zum Blitzen heraus (was sich trotz der Zeitvorgabe von 2 gegen 5 Minuten als schwierig erwies).

 

Auch die politische Situation in seiner Wahlheimat Israel beschäftigt Boris, und gleich nach dem Seminar muss er schon wieder eine Woche Militärdienst leisten, statt endlich den ersehnten Schlussstrich unter den zweiten Teil seines Buches setzen zu können. Dieser soll nun Anfang 2010 erscheinen und wird v.a. von den indischen Eröffnungen handeln.

 

Für mich ist es ein großes Glück gewesen, als FSJ-Leistender des SC Buchen diese Woche freizubekommen und somit am Seminar mitzuwirken, das mich schachlich sicherlich ein großes Stück weiterbringen wird und dessen Inhalte ich auch in meinen Vorbereitungen und Trainingseinheiten verwenden kann. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an den Schachclub, der mir diese Fortbildung ermöglicht hat!