Vom 6.-19. Mai weilte eine Reisegruppe mit Spielern des Schachclubs BG Buchen in Havanna auf Kuba, wo das 64. Capablanca-Memorial über die Bühne ging.
Die Buchener wollten im Open ursprünglich mitspielen und buchten für dieses besondere Erlebnis schon im Dezember 2018 Hotel und Flug. Leider wurde das Turnier dann aber wegen der südamerikanischen Meisterschaften um drei Tage vorverlegt, so dass die Odenwälder hätten erst später hätten einsteigen können. Da dies der Schiedsrichter aber nicht gewährte, musste man zuschauen, konnte dafür aber viel über das facettenreiche Kuba erfahren und erleben. Das Eliteturnier (Kategorie XVI mit Eloschnitt 2641) wies sechs Teilnehmer auf, die doppelrundig spielten. Zum achten Mal gewann im Austragungsort Hotel "Havana Libre" der Weltklasse-GM Wassili Iwantschuk aus der Ukraine mit 7 Zählern knapp das Turnier vor Samuel Sevian (USA) mit 6,5 Zählern und wurde zum Rekordsieger. Die übrigen Teilnehmer fielen etwas ab: 3. David Anton (Spanien) ; 4. Carlos Albornoz (Kuba); 5. Baskaran Adhiban (Indien) alle 3,5 P. und 6. Yuri Gonzales (Kuba) 3. Punkte. Das Open sah unter 221 Teilnehmern drei Kubaner an der Spitze: 1. IM Fernandez De La Vara Arnaldo (ELO 2478); 2. IM Diaz Perez Michel Alejandro (ELO 2418) jeweils mit 8 P. (aus 10) und 3. GM Martinez Duany Lelys Stanley (ELO 2528) mit 7,5 Punkten. Insgesamt waren 10 GM und 2 WGM am Start.Die Schachspieler in der deutschen Reisegruppe ließen sich nicht davon entmutigen, dass sie beim Open nicht zum Zug kamen; insbesondere Esther Imelmann und Berthold Engel beteiligten sich zum Ausgleich rege am Blitzschach, das am Rande des Turniers eifrig geübt wurde, wobei sie nicht nur das Vergnügen hatten, viele sehr spielstarke und trotzdem unglaublich freundliche und höfliche junge kubanische Schachspieler kennenzulernen, sondern auch die Ehre, zahlreiche Partien mit Cesar Revuelta Trueba, einem leibhaftigen Enkel des legendären kubanischen Exweltmeisters José Raul Capablanca,, und mit FM Alberto Soler Duruty, einem dreifachen kubanischen Meister in den Achtziger Jahren spielen zu dürfen. Schachutensiliensammler Karlheinz Eisenbeiser hatten regen Austausch mit Aurelio Ilanes und Yailyn Ramos, den renommiertesten Schachbriefmarkensammlern Kubas. Sie hatten im "Havana Libre" jeweils hochinteressante Ausstellungen mit ausgefallenen Stücken zur kubanischen Schachgeschichte präsentiert. In diesem Hotel wurde auch im Oktober/November 1966 unter der Schirmherrschaft von "Commandante" Fidel Castro und Che Guevarra die XVII. Schach-Olympiade mit 52 Teams bombastisch ausgetragen. Sieger wurde die Sowjetunion (mit Petrosian, Spasski und Tal und ohne Botwinnik) vor den USA (mit Bobby Fischer, Donald Byrne, Benkö und Evans) und Ungarn. Die BRD nahm nicht teil. Zur Eröffnung sahen über 14 000 Zuschauer ein eindrucksvolles Schachbalett. Am vorletzten Spieltag wurde anlässlich des 78. Geburtstages von Jose Raul Capablanca auf dem "Platz der Revolution" ein Simultanspektakel an 6840 Brettern inszeniert. Dies wurde am 8. Dezember 2002 nochmals übetroffen: ebendort spielten 530 Schachmeister an 11320 Brettern, was Weltrekord bedeutete.
Ein besonderes Highlight war auch der gemeinsame Abend mit dem weiteren leibhaftigen Enkel vom legendären Weltmeister Jose Raul Capablanca, der bezeichnenderweise auch den Namen seines legendären Großvaters trägt. In diesem Gespräch zwischen Jose Raul Capablanca jun. ,Karlheinz Eisenbeiser und Bernhard Greis erfuhren die deutschen Gäste äußerst viel Wissenswertes über das Land und das Schachleben in Kuba, das hier eine außergewöhnlich hohe Kultur hat. In Kuba sind Basketball, Boxen, Leichtathletik und eben Schach die Nationalsportarten. Und den meisten Taxifahrern ist der Name Capablanca ein Begriff. So war es auch für den Enkel der Legende unerverständlich, dass es in Deutschland kein großes Schachturnier gibt, das an den deutschen Weltmeister Emanuel Lasker erinnert. Jose Raul Capablanca jun. übergab den Buchenern in diesem Rahmen das gerade von Miguel A. Sanchez herausgegeben Buch biographische Buch " Capablanca, leyenda y realidad", an dem er intensiv mitgearbeitet hat. Dies dürfte der aktuellste und informativste Band über den kubanischen Schachhelden sein.
Die Buchener Reisegruppe war im historischen Fünf-Sterne Hotel "Nacional de Cuba" untergebracht, in dem etliche Hinweise auf das Schachspiel und speziell Capablanca zu finden waren (z.B. riesengroße Schachfiguren auf dem Dach, Who-is-who-Wandtafel mit Bildern und dem Hinweis, was die bekannten Besucher beim Besuch des Hotels gegessen hatten). Karlheinz Eisenbeiser war zufällig in einer historischen Suite untergebracht, die Manuel Marquez Sterling bewohnt hatte, auf den in der oben erwähnten Capablanca-Biografie ausführlicher eingegangen wird: der Peruaner war Politiker, Schriftsteller und "ajedristica"= Schachspieler. Er war am 18. Januar 1934 für sechs Stunden (!) Präsident der frühen kubanischen Republik und hatte gegen den vorher herrschenden Diktator Machado und späteren Diktator Battista gekämpft und war Autor mehrerer Schachbücher (vgl. Bild links und Bild 4).
Ansonsten nahmen die Buchener Gäste intensiv die Gelegenheit wahr, das faszinierende und von unglaublichen Gegensätzen geprägte, sich gerade öffnende Land kennenzulernen, das v.a. , aber nicht nur, über Zigarren, Rum und Sals-Rhythmus zu charakterisieren ist. Und es ist anzunehmen, dass alle Besucher aus Deutschland dieses beeindruckende Land nicht zum letzten Mal besucht haben.
Titelbild: Ein Blick in den Turniersaal des Opens im Hotel "Havana Libre"
Bild 1: Bernhard Greis und Johannes Eisenbeiser in einer amerikanischen Luxuslimousine aus den 1950er Jahren.
Bild 2: Ein Blick in den Astronomieraum im Ernest Hemingway-Haus in San Francisco de Paula, einem Stadtteil Havannas, in
der Nobelpreisträger über 20 Jahre gelebt hat und seine bekanntesten Werke geschrieben hat.
Bild 3: Der menschenleere Traumstrand
Bild 4: Eingang der historischen Suite im Hoten "Nacional de Cuba"
Bild 5: Karlheinz Eisenbeiser vor der Schachbriefmarken-Ausstellung im "Havana Libre" mit Blick in den Spielsaal des
Eliteturniers
Bild: Raul Capablanca jun. überreicht Karlheinz Eisenbeiser die aktuelle Capablanca-Biografie "Capablanca, leyenda y realidad"
Fotos privat